Allgemein Italien Neapel & Umgebung 2015

Die Götter sind entzürnt

Der Tag beginnt ganz gut: ausschlafen, frühstücken und anschließend gemütlich zum Hafen spazieren. Dort habe ich dann das große Glück, dass tatsächlich ein Boot zur Amalfiküste fährt (z.B. Alilauro bzw. Alicost, Sorrent-Positano-Amalfi in 1h, 17 €). Als ich vor vier Jahren hier war, war mir das nicht vergönnt. Leider. Denn ich liebe Schifffahren. Zudem ist der Blick auf die kleinen Städtchen und Dörfer vom Wasser aus einfach am Besten.

In Amalfi steige ich aus. Dort gibt es für den Tagestouristen nicht wirklich viel zu sehen. Mittelpunkt des Treibens ist der Dom mit seiner hübschen Mosaikfassade, die ihn noch orientalischer wirken lässt. Drumherum Hunderte Geschäfte, die Lederwaren, Limoncello und anderen Köstlichkeiten, kunterbunte Fliesen und beeindruckende Bilder verkaufen. Das alles hatte ich bei meinem letzten Aufenthalt bereits gesehen. Dieses Mal wollte ich neue Wege gehen und den „Sentiero degli Dei“, den Weg der Götter, erwandern.

Der Sentiero degli Dei ist wohl der berühmteste Wanderweg an der Amalfiküste und soll grandiose Aussichten bieten. Er beginnt in Bomerano und führt zum kleinen Bergdorf Nocelle, von dem aus man entweder mit einem Bus nach Positano fahren oder über Montepertuso nach Positano einen Treppenabstieg nutzen kann. Von Amalfi aus kommt man nach Bomerano mit einem Sita-Bus (Ri. Agerola, 1,80 €, ca. 45min Fahrt). Doch der Himmel ist heute grau, Regen ist angesagt und ich frage mich, ob es sich überhaupt Sinn macht nach Bomerano zu fahren. Ich zweifle, dass sich die Aussicht wirklich lohnen wird. Dennoch steige ich in den Bus. Die Odyssee beginnt. Ich war als Kind bei Busfahrten sehr häufig reisekrank. Das hat sich ganz gut gelegt. Allerdings sind die Straßen an der Amalfiküste der glatte Horror. Schön anzusehen aus der Luft, wenn man die Kurven nicht tatsächlich fahren muss, aber in einem Bus überwiegt das Gefühl der Übelkeit. Mir war richtig, richtig, richtig schlecht. Die Fahrtzeit zog sich gefühlt stundenlang hin bis ich endlich aussteigen durfte. Und kapitulierte. Jupiter ist wohl sehr entzürnt. Hier oben in den Bergen war es kalt, feucht und nebelig. Über den vermeintlich tollen Ausblick vom Wanderweg aus brauchte ich mir keine Gedanken mehr machen, Ich konnte ja nicht einmal mehr erkennen, was in zehn Metern Entfernung vor sich ging. Eigentlich hätte ich mir das in Amalfi schon denken können und Vernunft walten lassen müssen. Das hätte mir immerhin die Busfahrt erspart. Stattdessen stehe ich wenige Minuten später an einer anderen Bushaltestelle in Bomerano und warte auf den Bus für die quälende Rückfahrt. Selbst die erscheint bei diesem Nebel lebensgefährlich.

Zurück in Amalfi ist mir kalt und übel. Ich brauche eine Pause, um mich wieder zu finden. In meinem Kopf verstärkt sich der Gedanke, dass ich heute ganz bestimmt in keinen Bus mehr steigen werde. Selbst eine Fahrt bis nach Positano ist für mich keine Option. Im Endeffekt ist das eigentlich hauptsächlich traurig für meine Reisebegleitung, die noch nicht an der Amalfiküste war. Wenigstens habe ich so viel Glück, dass ein Schiff am Nachmittag zurück nach Sorrent fährt. Zumindest Neptun hatte wohl Erbarmen mit mir. Allerdings ist auch die See rauher geworden. Das Schiff vor uns braucht mehrere Anläufe, um anzulegen. Es wird munter und fröhlich von den Wellen hin und her geschaukelt. Auch auf unserem Schiff fällt das Umherlaufen etwas schwieriger. Teilweise fliegen wir nur so durchs Wasser. Mir soll es egal sein. Die Meeresbrise weht in mein Gesicht und mir geht es wieder gut. Die Krönung des Tages wäre noch etwas Licht gewesen, um die Küste im goldenen Schimmer einzufangen.

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